Es war nicht mein erster Aufenthalt in einem Kloster. Aber mein zweiter. Und dann noch zum Jahresende! Macht man das? Den Ehegatten “allein lassen”? Selbst “allein” Silvester verbringen ohne Kuss vom Liebsten und miteinander anstoßen?
Ja, macht man. Ich war dabei!
Meine Mutter meinte: Du hast einen Knall (… man lässt seinen Mann nicht allein). Und einer guten Bekannten fiel auch nix Nettes dazu ein.
Ich bin trotzdem hin. Mein Mann war einverstanden (und froh, dass er seine Ruhe hatte) und ich beruhigte mich mit dem Gedanken, dass wir alles nachholen können: küssen, miteinander anstoßen, Sekt trinken. Und meine Ruhe hatte ich auch. Ich wollte weder ausgehen, tanzen, miteinander kochen oder auf der Couch hocken. Eben all das nicht machen, worüber man sich vorher den Kopf zermartert. Ich wollte für mich sein!
Es war das Beste was ich für mich tun konnte. Ich hatte Sehnsucht nach Religion. Meine Seele dürstete nach spirituellem Input und Inspiration. Und das Angebot im Kloster Kappel klang verlockend: singen, beten, wandern, lecker essen, tanzen, diskutieren, schweigen und hören und noch mehr. Wer wollte, lernte andere Menschen kennen, wer für sich bleiben wollte, blieb für sich. Das Kloster Kappel wird evangelisch-reformiert geführt. Das Leitthema der KlosterTage war “… und bis an die Wolken reicht Deine Treue”.
Ich staunte nicht schlecht am Anreisetag. Über 60 Menschen sind gekommen um den Jahreswechsel miteinander zu verbringen. Das durchschnittliche Alter war hoch. Schnell war ich in der Gruppe der Menschen 50plus. Eine ganz junge Frau begleitete ihre rüstige Großmutter, was sehr rührend anzuschauen war. Das Motto des Programms: Alles kann genutzt werden, man muss nix!
Ich wohnte in einem sehr schönen und hellen Einzelzimmer mit Dusche. Das Essen war lecker. Morgens gab es ein reichliches Frühstücksbüffet und mittags und abends wurden wir mit einem 3-Gang-Menü verwöhnt. Je nach Vorliebe: Fleisch, Fisch oder Veggie. Was will man mehr?
Das Beste war, dass wir dick eingemummelt die letzten 20 Minuten des Jahres in der kalten Klosterkirche saßen. 2 Jugendliche und ein Mann mit Zylinder schnappten sich die Seile, zogen an ihnen und das alte Jahr wurde 10 Minuten lang ausgeläutet. Nach dem mitternächtlichen Glockenschlag wurde das Jahr wiederum eingeläutet. Danach gab es Sekt bei Drehorgelmusik. Wunderkerzen wurden an Luftballons aufgehängt, die in die Nacht flogen.
Die Predigt zum Jahresbeginn war eine Wucht: Wir sollen nicht darauf hoffen, dass es JEMAND richtet. Dass JEMAND kommt und sagt, wo es lang geht und die Führung übernimmt. Ich selbst habe die Wahl, das Zepter für mein Leben in die Hand zu nehmen und Verantwortung zu übernehmen. Ich kann Liebe schenken und Frieden stiften.
So erfüllt und angefüllt bin ich zurück nach Richterswil zu meinem Mann. Wir haben uns geküsst und zuhause auf das neue Jahr angestoßen.
Alles gut! (Ich werde es wieder machen!)
Wie hast Du das neue Jahr verbracht? War es in Deinem Sinne? Was willst Du nächstes Jahr anders machen?