Letzte Woche las ich, dass es in China keinen Platz mehr gibt für die Trauer. Ein Toter, der in einem Pekinger Krankenhaus stirbt, wird in einer kleinen, ungemütlichen Kammer aufbewahrt, die sich “Halle des großen Friedens” nennt. Die Trauernden stecken sich eine Plastikblume an und versammeln sich um den Toten, es wird eine kurze Rede gehalten, man verneigt sich 3mal und schon ist man wieder auf der lauten Straße. Vorher hat man die Plastikblume wieder zurückgelegt. Nicht nur für den Toten ist dies eine unwürdige Prozedur auch für die Trauernden, die sofort wieder in ihren Alltag zurückkehren.
In diesem Artikel las ich, dass es im alten China – zu Zeiten Konfuzius – auch für hohe kaiserliche Beamte drei Jahre Trauerurlaub gab, wenn die Eltern starben.
Stellt Euch mal vor! 3 Jahre darf man trauern, wenn der Vater, die Mutter oder beide Elternteile sterben.
Wenn die Eltern sterben, dann ist eine wichtige Beziehung vorbei. Wenn der Vater oder die Mutter ermutigend waren oder immer zugehört haben, wenn man sich regelmäßig zu Geburtstagen oder anderen Familienfeiern traf, dann hört dies auf einmal auf. Man ist als Erwachsener nun gefordert, die Feste aufrecht zu erhalten oder neue Rituale einzurichten. Als Erwachsener wird einem bewusst: das Leben ist endlich. Man wird selbst einmal sterben.
Drei Jahre! Drei Jahre Zeit haben, um sich zu verabschieden, über die Eltern zu reden, sie zu würdigen. In China sind die Eltern besonders wichtig. Man kümmert sich um sie. Wenn sie nicht mehr da sind, schaut man in China, dass es ihnen auch “in der anderen Welt” gut geht. Opfergaben sind üblich.
Der Artikel informiert, dass man in China nun die alten Gebräuche wieder aufleben lassen will. “Wir sollten einige der traditionellen Trauergebräuche wiederbeleben. Sich dreimal vor dem Toten zu verneigen könne doch nicht der ganze Abschied sein.” (FAZ vom 19.11.).